Heftiges, aufgeregtes Gebell an der Haustür und dann kam mein Pudelsohn auch schon im olympiareifen Tempo angerannt und sprang an mir hoch. In seiner Sprache signalisierte er mir, dass sich ein Unbekannter an unserem Haus zu schaffen gemacht hatte. Für seine Wachsamkeit erwartete er natürlich nun ein lobendes Wort. Das gelbschwarze Outfit des Unbekannten, welches gerade noch sichtbar um die Ecke verschwand gab Aufschluss, wer da an unserem Haus gewesen war. Es war der Postbote! Im Begleitschutz meines Pudelsohnes entleerte ich den Briefkasten.

Unter den an diesem Freitag eingeworfenen Briefen befand sich auch eine Postwurfsendung, ein weißer Umschlag ohne Anschrift und Absender. Im rechten oberen Bereich prangerte mir der Aufdruck: „Postaktuell – Ein Service der Deutschen Post“ entgegen.  Aha, Werbung, schoss es mir durch den Kopf und so landete der Umschlag ungeöffnet im Papierkorb. So schnell wie er den Weg in den Papierkorb gefunden hatte, so schnell fand er jedoch auch wieder heraus. Schmückend, als Trophäe, von weißen Eckzähnen und Prämolaren festhaltend, ragte er nun  aus der Schnauze meines Pudelsohnes heraus, der mit Vorliebe alles untersucht, was im Papierkorb landet.
Gerade erst hatte ich die vielen verstreuten Fetzen seines letzten „Beutezuges“ eines kleinen, halbvollen Päckchens Papiertaschentücher, welches er mir unbemerkt  aus der Jackentasche stibitzt hatte, vom roten Teppich aufgesammelt. Auf neues „Pudelkonfetti“ konnte ich daher gut verzichten. Wenn auch ungern, gab er mir nach einem intensiven Zwiegespräch seine „Beute“, den weißen Umschlag, zurück.

Diesmal öffnete ich den Umschlag und entfaltete das Schriftstück, welches ich herzausgezogen hatte und nun in den Händen hielt. Das oben auf diesem Schriftstück befindliche Logo, welches mir gleich ins Auge sprang, weckte mein Erstaunen aber auch meine Neugier. Doch dann  traute ich meinen Augen nicht, was dort geschrieben stand. Es war eine städtische Mitteilung zur Hundesteuerpflicht in unserer Stadt! Auf deren Rückseite befand sich gleich noch ein Anmeldeformular nebst  aufgegliederter Gebührenstaffelung zur Hundesteuer. Natürlich nicht ohne die obligatorischen Hinweise, dass eine unterlassene Anmeldung, wie auch unrichtige oder unvollständige Angaben, strafbar sein können.
Um die städtische Schatulle praller zu füllen, hatte man erst vor gut zwei Jahren, die Hundesteuer um 30% (!) erhöht und nun verpulverte man mit einer teuren, unpersönlichen Postwurfsendung, unsere hart verdienten Steuergroschen. Alles nur, um ein paar Zweibeinern, deren Hunde vielleicht noch an der Steuer vorbei „schwarz“ bellten, ins Gewissen zu reden! Unfassba!!!

Obwohl ca. 3700 Hunde, zu denen auch mein Pudelsohn zählte, beim Steueramt unserer kleinen Stadt mit ihren 55 175 Einwohnern gemeldet waren, war die Postwurfsendung nicht nur an alle Haushalte sondern auch ansässigen Firmen überbracht worden und nicht selten sogar im Doppelpack. Sicher vermutete man auch unter den Schreibtischen und Werkbänken der Firmen noch scharenweise "schwarz" bellende Fellnasen.
Vermutlich, um den erhofften Ansturm von reumütigen Hundehaltern bewältigen zu können, hatte man die Überbringung der Briefe dann so getimt, dass sie an einem Freitag zugestellt wurden. Just zu einer Zeit, wo die Türen des Rathauses und der Steuerabteilung bereits um 12 Uhr ins Schloss fielen und sich die Mitarbeiter ins Wochenende verabschiedeten.

In den sozialen Netzwerken schäumte indes die Wut über die große Verschwendung unserer Steuergelder zumal nicht zuletzt, für Schulen, Kitas  usw. stets die Euros fehlten. Zu Recht war man der Meinung, dass die Aktion dieser Postwurfsendung, die von den meisten Bürgern ungeöffnet in den Müll befördert worden war, in keinem wirtschaftlichen Verhältnis zu den evtl. zu erwartenden Mehreinnahmen stehen würde.
Am nächsten Tag erhitzten sich die Gemüter und die Diskussionen erneut, als ein gleichlautender Artikel auch noch in den Printmedien zu lesen war. Die Kosten der teuren Postwurfsendung hätte man sich also durchaus ersparen können!

Nun darf man gespannt sein, wie sich der Bund der Steuerzahler in seinem kommenden Jahresbericht,  über die erneute Verschwendung von Steuergeldern in unserer Stadt äußert. Hatte unsere Stadt doch schon einmal wegen Verschwendung von Steuergeldern, den Weg ins „Schwarzbuch der Steuerzahler“ gefunden. Zudem war erst 2018 in einer anderen, sehr heiklen und pietälosen Angelegenheit ein Ratsbeschluss, der nicht nur durch diverse Gutachten, viele zehntausende von Euros verschlungen hatte, mittels Bürgerentscheid in die Knie gezwungen worden.

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